Mit der Bedeutung von Kunst, Kultur und Bildung für ländliche Gemeinden beschäftigte sich ein Wettbewerb der Wüstenrot-Stiftung, bei dem die Initiative "Kunst in Kröte" als eines von zwanzig Projekten für eine Wanderausstellung ausgewählt wurde. Prof. Gerhard Henkel, anerkannter "Dorfforscher" plädierte bei der Eröffnung von ein Fitnessprogramm zur Stabilisierung der Dörfer.
Seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren wird Kröte alljährlich zu Pfingsten zum Kunstdorf. Waren es am Anfang lediglich drei KünstlerInnen, die zur „Kulturellen Landpartie“ ausstellten, ist heute fast das ganze Dorf beteiligt.
Nicht umsonst wurde „Kunst in Kröte“ von der Jury der Wüstenrot-Stiftung als „ein gutes Beispiel für eine gewachsene und ständig weiter entwickelte, gemeinschaftlich getragene neue Interpretation des nachbarschaftlichen, dörflichen Zusammenhalts“ gewürdigt.
Während zehn Tagen im Jahr verwandelt sich das kleine Dorf bei Waddeweitz in einen Kunstraum, in dem Lesungen, Vorträge, Kunstausstellungen und Landschaftskunst ebenso ihren Platz haben wie der gemütliche Plausch und das dörfliche Miteinander. Ein Modell auch für andere Gemeinden? Vielleicht sogar ein Modell für neue Gesellschaftsformen auf dem Lande?
Mit der Frage, inwieweit Kunst, Kultur und Bildung einen Einfluss auf die Entwicklung von kleinen Dörfern und Gemeinden haben und wie eine zukunftsfähige Dorfstruktur aussehen könnte, beschäftigte sich die Fachtagung, die anlässlich des Wettbewerbsabschlusses vergangenen Freitag in Berlin durchgeführt wurde.
Als Hauptredner erläuterte Prof. Gerhard Henkel, emeritierter Geograph der Gesamthochschule Duisburg-Essen, dass ländliche Gemeinden entgegen landläufiger Meinung viele Vorteile haben und selbst in einer modernen, international organisierten Industriegesellschaft zukunftsfähig sind.
Henkel, sich selbst als „Dorfbewohner seit Geburt“ bezeichnend, gab all den kleinen Gemeinden Aufwind, die sich von Landes- und Bundesregierungen in Stich gelassen fühlen. Er zählte zahlreiche Vorteile des ländlichen Raums auf wie z.B. - erstaunlicherweise – den demographischen Aufbau. „Der Geburtenschwund wirkt sich auf dem Lande wesentlich schwächer aus als in den Städten,“ so der Geograph. Auch das Bildungsniveau der Schüler sei nach diversen Studien auf dem Lande besser als in den Städten.
Trotzdem gelte es, mit einem 10-Punkte-“Fitness“-Programm die Dörfer zukunftsfähig zu gestalten. Neben der Revitalisierung von Ortskernen weist Henkel dabei den alten und neuen Verein eine besondere Rolle zu: der Wert dieser Einrichtungen für die sozialen Beziehungen, für Bildung und Kultur und damit auch für Lebensqualität werde oft zu wenig anerkannt. „Hier gilt es eine neue Anerkennungskultur zu entwickeln“, so Henkel „Auch das Verhältnis von Bürgern zum Staat hat sich seit der Kaiserzeit grundlegend verändert,“ so Henkel. „Aus Staatssicht wurde der Bürger vom Untertan zum Kunden. Nun gilt es, Strukturen zu entwickeln, die aus Politik, Verwaltung und Bürgern Partner machen, die gemeinsam eine aktive Bürgergesellschaft gestalten.“
Und bei dieser Arbeit sind Künstler und Kulturschaffende ebenso gefragt wie Pädagogen, Handwerker oder Unternehmer – davon ist Prof. Henkel überzeugt.
Foto: Angelika Blank ... Seit mittlerweile über zwanzig Jahren ist "Kunst in Kröte" für alle Kunstliebhaber ein beliebter Anlaufpunkt während der "Kulturellen Landpartie" - und gleichzeitig eine Initiative, die auch die Strukturen im Dorf verändert hat.