Im Elbholz findet derzeit großflächige Abholzung von schwer geschädigten Eichen statt. Naturschützer Gerhard Pahl findet im Elbholz ist das "sinnlose Zerstörung". Mit einem offenen Brief wandte er sich nun an die Öffentlichkeit. wnet befragte Förster Ulrich von Mirbach zu den Vorwürfen.
Das Elbholz bei Gartow ist etwas Besonderes: In dem artenreichen Baumbestand mit uralten Eichen, Ulmen und Eschen nisten nicht weniger als 106
Vogelarten, darunter Kranich, Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan,
Schwarz- und Mittelspecht und zahlreiche Nachtigallen. (Quelle: NABU ) Und auch die hoch geschützten Käferarten Eremit und Heldbock haben hier ihren Lebensraum.
Derzeit finden in diesem sensiblen Biotop massive Abholzungsarbeiten statt. Für den Naturschützer Gerhard Pahl ist das "sinnlose Zerstörung". In einem offenen Brief kritisierte er die Arbeiten. "Die
Biosphärenreservatsverwaltung könnte Maßnahmen im Rahmen des
Vertragsnaturschutzes anbieten", so Pahl. "Der Kahlschlag ist das
eine, die komplette Zerstörung von Boden und Unterholz durch die
schweren Maschinen auf dem zurzeit sehr nassen Untergrund das andere".
Tatsächlich: Der gesamte Arbeitsraum bietet ein Bild der Verwüstung: der Zufahrtsweg
in den Wald ist massiv von den schweren Maschinen zerfurcht und an den
Wegrändern liegen zahlreiche mächtige Stammstücke von rund 200 Jahre
alten Eichen.
Abholzung - um neuen Bäumen Raum zu geben
Was auf den ersten Blick wie ein brutaler Eingriff in ein sensibles Biotop wirkt, hat komplexere Zusammenhänge als schlichte Baumvernichtung. Die Maßnahmen sind Teil eines Waldmanagements, welches aus dramatischen Gründen notwendig geworden ist.
Seit Jahrzehnten sterben in diesem Bereich an der Elbe Eichen ab. Inzwischen sind es rund 300 Bäume, die mehr oder weniger schwer geschädigt sind. Viele sind längst vollständig abgestorben. Die Gründe dafür sind komplex: Dürrezeiten, Überschwemmungen und nicht zuletzt alljährlich massenhafter Befall durch Eichenprozessionsspinner und andere Käferarten. Mittlerweile findet die Eroberung der Bäume inzwischen schon seit acht Jahren jährlich statt.
"Wir holzen jetzt die Bäume ab, die im letzten Jahr abgestorben sind und lediglich besonders stark geschädigte", so Revierförster Ulrich von Mirbach. "Gleichzeitig bereiten wir neue Kulturflächen vor, auf denen Eichen neu angepflanzt werden". Bereits im Januar soll es mit dem Setzen von Eichenschösslingen losgehen.
Einen kompletten Kahlschlag der Totholz-Bäume wird es laut von Mirbach nicht geben - Dutzende der schwer geschädigten Bäume bleiben stehen, um den Arten, die von Totholz-Biotopen leben, Raum zu lassen. Auch die Biosphärenreservatsverwaltung (BRV) ist eingebunden: Vergangenes Jahr übernahm die BRV rund 30 Bäume - und wird hiermit dafür sorgen, dass die Biotope für Heldbock und Co. erhalten bleiben.
Inzwischen haben sich allerdings die eigentlich seltenen Käferarten derart ausgebreitet, dass von einem Gefährdungsstatus zumindest im Elbholz nicht mehr geredet werden kann. Die unvitalen Bäume sind für die Käfer das reinste Paradies. Auch ein Grund, abzuholzen: die Ausbreitung auf andere Pflanzen einzudämmen.
Von Mirbach verhehlt nicht, dass die Abholzung auch stattfindet, um aus den toten Bäume wenigstens eine wirtschaftliche Restnutzung herauszuholen. "Mit den Einnahmen werden die Neupflanzungen finanziert", so der Revierförster. Auch in anderer Hinsicht schließt sich der Kreis: nur wenn Eichen abgeholzt werden, entsteht der richtige Raum für Neuanpflanzungen. Denn im Schatten hoher Bäume gedeihen die lichthungrigen Eichen nicht.
Mehr Zufahrten - weniger Schäden
Der Arbeitsbereich der Waldarbeiter sieht aus wie ein wüstes Stück Land - tief zerfurcht und matschig. Die ökologische Qualität des Bodes ist erst einmal zerstört. Geht das nicht anders? Von Mirbach gefallen die Folgen des Eingriffs auch nicht, aber: "Wir arbeiten hier in einem nassen Bereich, in dem regelmäßig Qualmwasser steht. Aber wir haben nur einen einzigen Zufahrtsweg, weswegen der Boden leider stark in Anspruch genommen wird. Und die mächtigen Stämme können nur mit schwerem Gerät aus dem Wald geholt werden. Sanftere Methoden wie z. B. mit Pferden sind hier nicht möglich". Vor Jahren ist der Förster beim Deichbau mit seiner Forderung gescheitert, mehrere Zufahrten zum Wald zu ermöglichen.
Natürlich wäre es für den Boden unschädlicher, die Arbeiten bei trockenem Wetter im Frühjahr oder Sommer durchzuführen. Jedoch: "Eichenprozessionsspinner bevölkern nunmehr seit acht Jahren die Wälder. Auch im nächsten Jahr muss damit gerechnet werden", so von Mirbach. "Die Mitarbeiter werden es nicht akzeptieren, an Bäumen zu arbeiten, die mit den nesselnden Raupen übersät sind".
Nach den Abholzungsarbeiten werden laut von Mirbach zeitnah Neuanpflanzungen durchgeführt - was voraussetzt, dass der Boden in einen bepflanzbaren Zustand gebracht wird. Der Förster ist sicher, dass der Untergrund sich innerhalb weniger Jahre erholen wird.
Foto | Gerhard Pahl: Im Elbholz sieht es nahe des Deichs im Moment wüst aus.