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Flüchtlinge: Dannenberg für die Erstaufnahme "in engster Auswahl"

Bereits im November könnten in die eigentlich für Castor-Polizisten aufgebauten Container-Unterkünfte in Dannenberg rund 500 Flüchtlinge einziehen. Wie am Montag während des Kreistags in Lüchow bekannt wurde, hat das Land Dannenberg als eine der neuen dezentralen Erstaufnahmeeinrichtungen "in engste Auswahl" genommen. 

Noch wird weiter geprüft, ob die Containerunterkünfte im Dannenberger Breeser Weg tatsächlich als Erstaufnahmeeinrichtung in Frage kommen. Doch wie der erste Kreisrat Claudius Teske während des Kreistags berichtete, sind die Vorprüfungen bereits soweit gediehen, dass das Land diese Möglichkeit "in die engste Auswahl" gezogen hat. Sowohl der Landkreis als auch die Samtgemeinde Elbtalaue haben demnach offenbar in bereits geführten Gesprächen mit dem Land Bereitschaft signalisiert, einer Erstaufnahmeeinrichtung zuzustimmen.

Elbtalaues Samtgemeinde-Bürgermeister Jürgen Meyer hatte bereits vergangene Woche gegenüber wnet bekundet, dass er dem Vorhaben des Landes durchaus positiv gegenüber steht. "Allerdings möchte ich die Rahmenbedingungen genauer kennen, bevor ich Ja sage," so Meyer.

Über diese Rahmenbedingungen stritten sich die Kreistags-Abgeordneten am Montag vehement. Interessanterweise zeigte sich in der Diskussion eine gemeinsame Linie zwischen CDU und Grünen, während die SOLI-Gruppe scharfe Kritik an den Planungen des Landes übte.

Sowohl SOLI-Abgeordneter Martin Donat als auch Kurt Herzog (ebenfalls SOLI) befürchteten, dass eine menschenwürdige Unterbringung in den Containern nicht möglich sei. "Es kann nicht sein, dass aufgrund eines enormen Zeitdrucks die Menschenwürde geopfert wird," so Martin Donat. "Die Verkehrswege sind sehr kompliziert und außerdem wird bei einer derart kurzfristigen Unterbringung eine adäquate Betreuung nicht gewährleistet werden können." Ähnlich äußerte sich auch Kurt Herzog. Außerdem sei der Ort Dannenberg mit seinen rund 5000 Einwohnern viel zu klein, um über 500 Flüchtlinge aufzunehmen. 

Heike Mahlke, die sich seit Jahren um Flüchtlinge kümmert, verwies in der Bürgerfragestunde zudem darauf, dass, falls eine Erstaufnahmeeinrichtung in Dannenberg eingerichtet werden sollte, die Vorgaben des Sozialverbands für eine menschenwürdige Unterbringung eingehalten werden müssen. Dazu gehöre unter anderem auch die Einbindung der Bevölkerung, damit diese sich nicht überfordert fühlt.

Die Grünen dagegen, unterstützt von Christian Carmienke (CDU) plädierten dafür, "die Menschen aufzunehmen, die jetzt Hilfe brauchen". "Wir dürfen keine Vorurteile schüren, sondern sollten statt dessen eine echte Willkommenskultur für die Hilfsbedürftigen entwickeln, denn wir wollen schließlich neue BürgerInnen in unserem Landkreis haben," so Elke Mundhenk, Bürgermeisterin der Stadt Dannenberg.

Während der Auseinandersetzung im Kreistag war immer wieder die Rede von "rund 500" Flüchtlingen, die wohl in Dannenberg untergebracht werden sollen. Die genaue Anzahl gehört aber auch zu den Fragen, die noch zu klären sein werden.

Finanziellen Vorteil werden offenbar weder Landkreis noch Stadt Dannenberg oder Samtgemeinde Elbtalaue haben. Der Landkreis erhält pro Flüchtling eine einmalige Pauschale von 5932 Euro. Dagegen errechnete die Verwaltung an Ausgaben für die Versorgung der Flüchtlinge einen Betrag von 1,1 Mio. Euro. Das Gelände am Breeser Weg gehört Privateigentümer/n, die es bereits vor Jahren an das Land verpachtet haben.

Hintergrund der Diskussion: In den zentralen Aufnahmeeinrichtungen Niedersachsens, in Braunschweig und Friedland, kommen derzeit derartig viele Flüchtlinge an, dass die Unterkünfte dort nicht mehr ausreichen. Nachdem vor einigen Wochen dort Zelte aufgestellt worden waren, reichen diese nach einem Bericht von Claudius Teske nunmehr auch nicht mehr aus. "Teilweise müssen die Flüchtlinge bereits im Freien übernachten," so Teske. Nach seinen Informationen, die er aus den Gesprächen mit dem Innenministerium gewonnen habe, sei der Druck so groß, dass vor dem Winter dringend eine neue Lösung gefunden werden müsse.

In Dannenberg hat das Land bereits vor Jahren einen Pachtvertrag mit den Eigentümern des Geländes am Breeser Weg abgeschlossen. Anlässlich der Castortransporte wurden dort Containergebäude für die Unterbringung von rund 1400 PolizistInnen eingerichtet, die mehr oder weniger sofort bezugsfertig sind - für das Land angesichts des gegenwärtigen Zeitdrucks also eine interessante Möglichkeit, wie es eine Sprecherin des Innenministeriums vor einigen Monaten gegenüber wnet ausdrückte.

So könnten womöglich bereits im November die ersten Flüchtlinge in Dannenberg eintreffen, sollte das Land sich definitiv für die Unterbringung im Containerdorf entscheiden. "Das Land hat uns aber versichert, dass es keine Entscheidung ohne die Zustimmung der lokalen Akteure, wie Landkreis und Kommune, treffen wird," so Teske. Zu der Prüfung gehört laut Teske auch, zu klären, ob die Qualität der Unterbringung, die Betreuungsmöglichkeiten sowie nicht zuletzt der Brandschutz gewährleistet werden können.

Da es sich um eine Erstaufnahmeeinrichtung handelt, sollen die Flüchtlinge nur sehr kurze Zeit in Dannenberg bleiben, bevor sie in andere Regionen "vermittelt" werden, wo sie dann während ihres Asylverfahrens wohnen werden. Der Plan des Bundesamts für Migration sieht ursprünglich vor, dass die ankommenden Flüchtlinge lediglich einige Tage bis "maximal zwei Wochen" in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen müssen. Doch angesichts der ständig wachsenden Flüchtlingsströme wird auch dieser Zeitraum von den SOLI-Abgeordneten angezweifelt.

UPDATE: wie von Kreisrat Teske zu erfahren war, soll die Erstaufnahme-Einrichtung - so sie denn tatsächlich in Dannenberg angesiedelt wird - lediglich zwei bis drei Jahre Bestand haben. Parallel dazu will das Bundesamt für Migration dauerhaft wirksame Strukturen für die Erstaufnahmeeinrichtungen im Land entwickeln und aufbauen - diese dann aber vermutlich an anderen Orten.

Foto: Das Containerdorf am Breeser Weg in Dannenberg wurde schon vor Jahren für die Unterbringung von PolizistInnen eingerichtet.




2014-09-29 ; von Angelika Blank (autor),
in Dannenberg (Elbe), Deutschland

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