Thema: castor2010

Grüne: Französische Polizisten im Prügeleinsatz

Im Zusammenhang mit Medienberichten über die aktive Beteiligung von französischen Polizisten am Polizeieinsatz in Leitstade sind die Landtagsgrünen Donnerstag früh per Email mit einer Anfrage beim Niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann vorstellig geworden. Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele sucht nach Zeugen für den Einsatz ausländischer Polizisten. UPDATE: Inzwischen hat ein Sprecher der Bundespolizei zu dem Vorfall Stellung bezogen.

UPDATE (16:57 Uhr): hier die offizielle Stellungnahme der Bundespolizei unter deren Federführung die französischen Beamten beim Castortransport dabei waren:

Der Castor-Transport von La Hague nach Gorleben ist auch ein grenzüberschreitender Einsatz. Eine Polizeikooperation zwischen Deutschland und Frankreich ist daher notwendig und schon seit Jahren üblich. Rechtliche Grundlage für die Zusammenarbeit ist der Vertrag von Prüm, der am 7. Mai 2005 geschlossen wurde. Ferner ist es nach § 64 Abs. 4 Bundespolizeigesetz möglich, ausländische Beamte für Inlandseinsätze auch im Vollzug einzusetzen. Auf dieser Grundlage stiegen etwa beim zurückliegenden Castor-Transport zum einen die deutschen Einsatzkräfte (Bundespolizei) auf den Castor-Zug vor dem Grenzübertritt zu, während die französischen Einsatzkräfte den Zug in Kehl (nach dem Grenzübertritt) verlassen haben. Weitere Einsatzkräfte der französischen Polizei hat es bei dem Einsatz auf deutschem Gebiet nicht gegeben.

Beim Castortransport 2010 waren zwei französische Polizeibeamte als Beobachter im Einsatzraum. Auch diese Form des Austauschs und der Zusammenarbeit ist langjährige Praxis. Einer von ihnen war in einer Leitstelle und hatte keine unmittelbare Berührung mit dem Einsatzgeschehen. Der andere war mit der Bundesbereitschaftspolizei im Einsatzraum. Da ein Kontakt zu gewalttätigen Demonstranten bei solchen Einsätzen für alle Einsatzkräfte leider nicht ausgeschlossen werden kann, können auch französische Beamte bei diesen Einsätzen ihre Uniform und ihre Schutzausstattung tragen. Die Rechtsgrundlage dafür ist der Prümer Vetrag. In den Medien sind Fotos aufgetaucht, die einen Einsatz eines französischen Polizisten dokumentieren sollen. Aufgrund der unklaren Umstände der Aufnahme, kann ich dazu nichts sagen.

Nach jetzigem Kenntnisstand gab es einen Sachverhalt , bei dem der französischen Beamte betroffen war:

Es gab eine Straftat gegen den französischen Beamten. Infolgedessen wollten Bundespolizisten die Identität des/der mutmaßlichen Straftäter/s feststellen. Daraufhin gerieten sie in Bedrängnis. Der französische Polizist unterstützte daher seine Kollegen in einer Notsituation. Artikel 28 des Prümer Vertrages lässt Nothilfe durch ausländische Polizisten zu", so ein Sprecher der Bundespolizei am Donnerstag nachmittag gegenüber wnet.

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Schon während der Castortage wurde uns von mehreren Fotografen davon berichtet, dass sie immer wieder ausländische Polizisten im Einsatz an verschiedenen Stellen des Landkreises gesehen hätten. Unter anderem hätten sich französische Polizisten an Verkehrskontrollen im Rahmen des Castoreinsatzes beteiligt.

Nun sind Aufnahmen aufgetaucht, die belegen, dass französische Polizisten aktiv an brutalen Übergriffen in Leitstade beteiligt waren. Die Fotos sind hier zu sehen.

Die Grünen im niedersächsischen Landtag haben am Donnerstag morgen Innenminister Schünemann um Aufklärung gebeten. In dem Schreiben wird um kurzfristige Information über die Umstände des Aufenthalts der Franzosen im Wendland gebeten. Der rechtspolitische Sprecher Helge Limburg, der auch als Einsatzbeobachter im Wendland zugegen war, sieht "erhöhten Aufklärungsbedarf". Limburg: "Sollte sich bewahrheiten, dass französische Polizisten sich im Wendland an Tätlichkeiten gegen Demonstranten beteiligt haben, wäre das ein handfester Skandal." Der Grünen-Politiker geht davon aus, dass, wenn dies der Fall gewesen sein sollte, die zuständige Staatsanwaltschaft Lüneburg zügig Ermittlungen wegen Amtsanmaßung, Verstoßes gegen das Waffengesetz und gefährlicher Körperverletzung einleiten werde.

Auch DIE LINKE im Landtag hat eine umfassende Aufklärung über den Einsatz französischer Polizisten am vergangenen Wochenende beim Castor-Transport gefordert. Eine Anzeige wegen Amtsanmaßung soll bereits vorliegen. "Es wäre ein Skandal, wenn voll bewaffnete Polizisten aus dem Ausland in Niedersachsen illegal im Einsatz waren und Aktivisten verprügelt haben", sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Pia Zimmermann. Sie forderte von Innenminister Schünemann unverzüglich Aufklärung über diesen Vorfall. "Ich erwarte, dass Schünemann am kommenden Mittwoch im Innenausschuss Rede und Antwort steht", so Zimmermann.

wnet hatte bereits während des laufenden Einsatzes bei der Pressestelle in Lüneburg in dieser Sache nachgefragt. Die Auskunft am Sonntag Abend: "Die Polizisten sind im Rahmen einer internationalen Besucherbetreuung beim Castortransport dabei, haben aber keinerlei Einsatzbefugnisse." Von der Pressestelle des Innenministeriums war bis jetzt noch keine Stellungnahme zu erhalten.

Nun sucht der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele nach Zeugen, die die ausländische Polizisten im Einsatz gesehen haben. Bitte unter Hans-christian.stroebele[ät]bundestag.de oder Kontaktformular auf www.stroebele-online.de/kontakt/ melden.

UPDATE: Nach Auskunft des niedersächsischen Innenministeriums waren französische Polizisten über die Bundespolizei im Einsatz. Kroatische und polnische Polizisten nahmen am Einsatz zum Castortransport als "Beobachter" im Rahmen eines Besuchsprogramms teil und hatten keinerlei Einsatzbefugnisse.

Foto: Markus Golletz / Kroatische Polizisten beim "Schienenspaziergang" am Sonntag, dem 7.11.2010 bei Leitstade.




2010-11-11 ; von Angelika Blank (autor),

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