Auf der Abschlusspressekonferenz zum diesjährigen Castortransport zog Innenminister Uwe Schünemann zwar eine positive Bilanz, kritisierte allerdings vor allem die Straßenblockierer für ihre „Verantwortungslosigkeit“. Und: Ohne Umschweife kündigte Schünemann, dass der nächste Castortransport 2011 wieder in das Zwischenlager nach Gorleben führen wird.
Schon an den angespannten Mienen der Teilnehmer der Pressekonferenz konnte man entnehmen, dass der diesjährige Castortransport Kräfte gekostet hatte. Mit seinem Eingangsstatement bestätigte der Innenminister diesen Eindruck: „Dieser Transport war ein äußerst schwieriger, kräftezehrender und dennoch erfolgreicher Einsatz.“ Auch Schünemann zeigte sich froh, dass dieser Einsatz nun beendet war – weitestgehend friedlich, wie auch der Innenminister einräumte.
Schwer fiel es dem Innenminister und der Einsatzleitung einzugestehen, dass dies der längste Transport in der Geschichte der Castortransporte ins Wendland gewesen ist. Letztendlich war es den Journalisten überlassen, auszurechnen, ob der Transport im Jahre 2001 womöglich doch noch ein Stündchen länger gedauert haben könnte (damals hatte sich eine junge Aktivistin für 17 Stunden die Gleise bei Süschendorf blockiert).
Nichts desto trotz hob Schünemann immer wieder hervor, dass der Anteil der gewaltbereiten Demonstranten sich erhöht habe und es an verschiedenen Stellen zu massivem Einschreiten der Polizei hätte kommen müssen. „Wo Straftaten begangen wurden, sind die Beamten der Lage angemessen und absolut korrekt eingeschritten. Hierfür danke ich der Leitung und den Einsatzkräften.“ Das differenzierte Sicherheitskonzept der Polizei, einerseits „die Rechte der friedlich Demonstrierenden zu gewährleisten und dort ihrem Verhalten entsprechend angemessen zu reagieren“ aber andererseits durch „konsequentes Einschreiten gewalttätige Aktionen zu verhindern“ sei aufgegangen.
Sowohl Innenminister Schünemann als auch Polizeipräsident Niehörster ahnten, dass ihnen viele kritische Fragen von Journalisten ob der vielfach überlangen Dienstzeiten der eingesetzten Polizisten drohten, deswegen hatten beide in ihren Statements schon vorgebaut und überlangen Einsatzzeiten mit den durch Straßenblockaden verursachten verzögerten Nachschub- und Versorgungseinheiten begründet. Polizeipräsident Niehörster räumte dabei lediglich ein, dass es im "Einzelfall zu 30 Stunden ununterbrochener Einsatzzeit" gekommen sei. (Anmerkung: Dies widerspricht sowohl den Äußerungen der Polizei-Gewerkschaften, den Beobachtungen von Journalisten als auch Aussagen von Polizisten an mehreren Stellen des "Einsatzbereiches", die davon berichteten, "vielfach länger als 50 Stunden" im Einsatz gewesen zu sein)
Zusammengefasst sah sich die Polizei nach Schünemann durch die vermehrten Blockaden stark gefordert und außerdem vor logistische Probleme gesetzt. „Wir mussten 13 Hundertschaften (1080 Beamte) aus anderen Bundesländern nachholen, die teilweise durch Hubschrauber eingeflogen wurden, da ein Straßentransport nicht mehr möglich war“, so der Innenminister. Demnach waren nach der Mitteilung der Polizei insgesamt 19 992 Beamte der Polizei (11 836) sowie der Bundespolizei (8156) im Einsatz. Darunter waren 5091 Polizeibeamte aus Niedersachsen teilte Schünemann mit.
Wie zu erwarten war, drehten sich die Fragen der Journalisten hauptsächlich um die Verantwortbarkeit der vielfach 50 Stunden betragenden ununterbrochenen Dienstzeiten der Beamten. Bereits in der Nacht zum Sonntag hatten die Vorsitzenden der beiden Polizeigewerkschaften scharfe Kritik an diesem Zustand geäußert. Schünemanns interessante Antwort auf diese Kritik: „Die Demonstranten haben die Verantwortung hierfür zu tragen. Hier wurden durch die vielfachen und sehr langen Blockaden der Polizei künstliche Probleme bereitet. Insofern möchte ich den Ball an die Demonstranten zurück spielen.“
Die Frage nach der Angemessenheit dieses gewaltigen Einsatzes – immerhin gibt es Möglichkeiten, die Castoren erstens länger in Frankreich zu belassen oder sie in die Zwischenlager der Herkunfts-AKWs zurück zu fahren - beantwortete Schünemann ohne weitere Vermittlung so: „Auch im Jahre 2011 wird der Castortransport wieder in das Transportbehälterlager nach Gorleben führen.“ Des weiteren verwies er auf die bestehenden internationalen Verträge, die zur Rückholung des Atommülls verpflichteten.
Einzig beim Thema Kosten will Schünemann auch dieses Jahr wieder den Aufstand proben. „Der diesjährige Transport hat rund gerechnet 25 – 26 Millionen Euro gekostet. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Innenminister-Konferenz beschließt, dass diese Kosten als Sonderlast gewertet werden und somit vom Bund zu tragen sind.“
In seiner Regierungserklärung zum Castortransport vor dem niedersächsischen Landtag ergänzte Schünemann: „Wir werden das Geschehen in der nächsten Zeit sorgsam auswerten und dabei auch betrachten müssen, inwieweit Linksextremisten bereits erfolgreich Teile des bürgerlichen Protestspektrums beeinflussen konnten.“
Die gesamte Regierungserklärung ist hier nachzulesen.
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