Auf mehreren Ebenen werden gerade Programme entwickelt, wie die Zukunft in Lüchow-Dannenberg gestaltet werden soll. Dazu gehört unter anderem die Nutzung von Flächen oder die Siedlungs- und Wohnungsbaupolitik.
Schon mal etwas von dem Begriff "Raumordnungsprogramm" (RROP) gehört? Diese Grundlage für die regionale Planung wird in unregelmäßigen Abständen neu erstellt. Darin wird geregelt wie der im Landkreis zur Verfügung stehende Lebensraum dauerhaft genutzt werden soll. Dazu gehören die Festlegung von Gewerbeflächen ebenso wie die Entwicklung von Wohnungsbauplänen oder die Festlegung von Räumen bzw. Flächen, die vorrangig für bestimmte Zwecke (z.B. Windkraftanlagen) genutzt werden können. So ein RROP ist rechtsverbindlich, das heißt, dass die darin festgelegten Ziele und Flächennutzungsmöglichkeiten nicht geändert werden können, so lange das RROP gilt. So ist es zum Beispiel nicht möglich, eine Windkraftanlage auf einer Fläche zu errichten, die im RROP nicht als Vorranggebiet für Windkraftanlagen ausgewiesen ist.
Im Moment ist wieder so ein Raumordnungsprogramm in Arbeit, weil das letzte noch aus dem Jahre 2004 stammt. Jetzt soll es den aktuellen Anforderungen entsprechend aktualisiert werden und der Gesamtentwurf im Frühjahr 2023 veröffentlicht werden.
Kürzlich erinnerte Dr. Stefano Panebianco vom Amt für Regionale Landesentwicklung (ArL) vor den Mitgliedern des Fachausschusses Bauen, Regionale Entwicklung und Wirtschaft des Kreistags daran, wie wichtig die Aufstellung eines RROP ist. „Das RROP ist dringend neu aufzustellen“, mahnte Dr. Stefano Panebianco. „Es ist das räumliche Zukunftsprogramm ihres Landkreises und legt fest, wo Sie in 10,15 Jahren sein wollen.“
Um welche Themen kann es im RROP gehen? Ob es das Trinkwasser ist, dass man besonders schützen möchte und darum das Bohren nach Erdgas untersagt oder ob man den Bau von Biogasanlagen beschränken oder Flächen für Erholung und Tourismus erhalten möchte: der Landkreis legt die Schwerpunkte der Regionalentwicklung. Die Spielräume seien dabei groß, urteilte Panebianco, dessen Behörde für die Genehmigung des RROP zuständig ist. Themen wie beispielsweise die Ansiedlung von Einzelhandelsunternehmen oder Regelungen für den Stromleitungsbau sind bereits im Landraumordnungsprogramm geregelt. Die regionalen Regelungen dürfen dem nicht widersprechen.
Großer Raumbedarf für Erneuerbare Energien
Ein großes Thema im hiesigen RROP werden Regelungen zur Energieerzeugung sein. Das neue Wind-an-Land-Gesetz sieht beispielsweise vor, dass in zehn
Jahren 2,2 Prozent der Landesfläche für die Gewinnung von Windenergie
ausgewiesen werden soll.
Der Kreistag hatte im Sommer 2019 beschlossen, dass nur bestimmte Bereiche* des Landkreises als Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen werden dürfen. Diese Flächen machen 0,56 Prozent der Kreisfläche
aus. Ob dieser Flächenanteil angesichts der niedersächsischen Gesetzesvorgabe, 2,2 % Landesfläche für die Gewinnung von Windenergie
auszuweisen, ausreicht, steht noch nicht fest.
Innerhalb von zehn Jahren muss die vom Land vorgegebene Quote eingehalten werden. Gelinge dies nicht, so Panebianco, dann könnten ausgewiesene Vorranggebiete für andere Zwecke der Ansiedlung von Windkraftanlagen nicht mehr entgegenstehen. Sprich: Windkraftanlagen können dann überall da gebaut werden, wo Gewerbeanlagen erlaubt sind.
*Leisten, Clenze, Bösel, Tarmitz,
Woltersdorf, Tobringen, Schweskau, Lanze-Lomitz und
Prezelle
Neuer Wohnraum: klein, barrierefrei, bezahlbar
Welche
Art von Wohnraum wird in den kommenden Jahren vorrangig benötigt? Und
wo soll dieser neue Wohnraum entstehen? Die Siedlungsentwicklung ist für den Landkreis ebenfalls ein
wichtiger Baustein
des RROP. Aktuell wird zu diesen Fragen vom (unter anderem) Planungsbüro p+t Planung ein Wohnraumentwicklungskonzept
erarbeitet. Es soll in das RROP übernommen werden, heißt es in einer Mitteilung der Verwaltung.
Christoph Theiling
von p+t Planung skizzierte vor dem Aussschuss die
wesentlichen Anforderungen an die rechnerisch
73 neuen Wohneinheiten, die nach seiner Ansicht jährlich benötigt werden. Er attestierte
einen „kräftigen Bedarf an preisgünstigem Wohnraum“. Noch wichtiger:
barrierefreier Wohnraum.
Hier habe Lüchow-Dannenberg erheblichen
Nachholbedarf, so Theiling. Von 2018 bis 2020 seien neben jüngeren
Menschen vorrangig Über 60-Jährige neu in Lüchow-Dannenberg heimisch
geworden. Besonders deutlich seien die Zuwächse bei den über 75-Jährigen
und auch beim Anteil der Schwerbehinderten gebe es einen Aufwärtstrend.
Er rechne außerdem mit einem wachsenden Bedarf
an kleinen Wohneinheiten.
Innenentwicklung hat Vorrang vor Außenentwicklung
Zunehmender Leerstand wegen aufgegebener Handelsgeschäfte, dafür wenig Wohnraum - auch in Lüchow-Dannenberg haben die Städte schwer mit ihrer Innenentwicklung zu kämpfen. Für
das neue RROP rieten Theiling und seine Kollegin Claudia Dappen deutlich dazu, bei der Siedlungsentwicklung insbesondere
auf Innenentwicklung
zu setzen, zum Beispiel solle bestehende Infrastruktur ausgelastet werden. Wie das konkret gehen soll? Dazu machte der Landkreis zunächst keine Aussagen.
Weitere Empfehlungen
der Gutachter: Der Generationenwechsel solle aktiv unterstützt werden,
indem Eltern, nachdem Kinder das Haus verlassen
haben, dazu animiert werden, in kleinere Wohnungen umzuziehen. Hier sei
ein Förderprogramm zur Teilung großer Wohneinheiten denkbar. Für die Ertüchtigung von
Bestandsimmobilien sei entscheidend, die Leerstände im Kreisgebiet zu
kennen. Beratungs- und Förderangebote seien essentiell, erläuterte
Dappen. Zudem erhielt die Kommunalpolitik den Rat, einen Bodenfonds
einzurichten, um die Bodenpreise stabil zu halten. Auch hier bleibt zunächst offen, wie die Finanzierung derartiger Projekte gelingen soll.
Und noch zwei Zukunftsentwicklungskonzepte ...
Der Gesamtentwurf des neuen RROP soll im Frühjahr 2023 fertiggestellt werden. Nach der politischen Beratung des Entwurfs soll dann "zeitnah" das öffentliche Beteiligungsverfahren starten, kündigt die Kreisverwaltung an.
Parallel zur Entwicklung des RROP plant der Landkreis ein Zukunftsentwicklungskonzept. Wie unterscheidet sich dieses Konzept vom RROP? "Das
RROP beschränkt sich auf Ziele und Maßnahmen, die die Raumordnung
betreffen. Das Zukunftsentwicklungskonzept wird mit dem RROP
korrespondieren, geht aber deutlich darüber hinaus," heißt es von der Kreisverwaltung. "Neben „Klimaschutz“ und „Digitalisierung“ sieht das
Zukunftsentwicklungskonzept auch die Themen „Bildung
und Familienfreundlichkeit“ sowie „Beteiligung" und "Verwaltung als
Partner“ vor. Die Ergebnisse dieses Konzeptes sollen dann in das RROP eingearbeitet werden.
Und wie wird die Bevölkerung an der Entwicklung dieses Konzeptes beteiligt? Nach Auskunft der Kreisverwaltung soll die Erstellung und Umsetzung des Zukunftsentwicklungskonzepts mit Unterstützung externer Berater erfolgen. Das entsprechende Vergabeverfahren für diese Dienstleistungen sei bereits angelaufen. Voraussichtlich im November würden die Fachausschüsse beteiligt, die Entscheidung über die Vergabe der Beraterdienstleistungen solle im Dezember erfolgen.
Einen konkreten Zeitplan für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger, Akteuren der Wirtschaft und der Politik nannte die Kreisverwaltung bislang nicht. Unter der Überschrift „Unser Landkreis Lüchow-Dannenberg 2035“ sei unter anderem eine Bürgerbefragung geplant. Sie soll Ausschluss darüber geben, welche Zukunftsthemen die Menschen in Lüchow-Dannenberg bewegen, wie hoch die Zufriedenheit ist und ob beispielsweise mehr Möglichkeiten zur Mitgestaltung gewünscht sind.
Und noch ein drittes Zukunftsentwicklungskonzept ist in Arbeit: Unter dem Titel
„Zukunftsregion Elbtalaue-Heide-Wendland“ verpflichten sich
die beiden Landkreise Lüchow-Dannenberg
und Lüneburg zur weiteren gemeinsamen Zusammenarbeit mit dem
Biosphärenreservat.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Dienstleister, die für Lüchow-Dannenberg die Zukunftsprojekte entwickeln, all die "Zukunftswerkstätten" der vergangenen Jahr(zehnt)e sowie Projekte wie "Rural Living 2.0 ", "WIR - Wandel durch Innovation" oder aktuell "Elbe Valley " analysieren und in ihrem Konzept berücksichtigen bzw. bewerten.