Ein ereignisreiches Jahr geht zu Ende: im Frühjahr schockierte ein Mord in Lüchow die Region, das traditionsreiche Bildungszentrum Göhrde musste ausziehen und beim Castortransport im November zeigte sich der Atom-Widerstand in fulminanter Frische. Ein Überblick...
April:
Anfang April ging eine schockierende Nachricht wie ein Lauffeuer durch die Region: zwei Mädchen waren offensichtlich am Mord an einem 41-jährigen aus dem Lemgow beteiligt. Tagelang suchte die Polizei in der Jeetzel nach der Leiche, denn die fünf Gewalttäter hatten den Bewusstlosen nach einem Streit in den Fluss geworfen. Noch läuft der Prozess gegen die fünf Tatbeteiligten zwischen 14 und 37 Jahren.
Bei Vietze am Höhbeck machten Archäologen einen bedeutsamen Fund: 150 Silbermünzen aus der Zeit Heinrich des Löwen, also um 1150, ließen auch die Herzen auswärtiger Fachleute höher schlagen.
Mai:
Nach längeren Flügelkämpfen im Vorstand der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg legte Marianne Fritzen ihren Ehrenvorsitz nieder. Nach ihrer Ansicht sei die BI nicht mehr demokratisch - die Bürgerinitiative sah das allerdings anders.
In der Elbaue bei Laase begann eine Aktivistengruppe damit, einen Acker zu besetzen, auf dem Gen-Mais ausgesät werden sollte. Bis Ende Juni harrten die Demonstranten auf dem Feld aus, drillten konventionelles Saatgut ein - mit der Folge, dass der Landwirt, dem die Flächen gehören, letztendlich (vorläufig) auf die Aussaat von Gen-Mais verzichtete.
Die 19. Kulturelle Landpartie öffnete am 01. Mai ihre Pforten - begleitet von wilden Diskussionen um den Ausstieg eines zentralen Punktes. Die "Mützingenta" fand sich nicht mehr im Reisebegleiter. Für die "Mützinger" war ihr Ausstieg eine klare Sache, die Organisatoren der "KLP" sahen das völlig anders - ein ausführlicher Kommentar"krieg" war die Folge. Bis heute bekommen einige Leute spitze Lippen, wenn man sie auf diese Auseinandersetzung anspricht. ... Doch die Besucher der Landpartie bekamen davon wenig bis nichts mit. Ungebrochen der Strom der Gäste, die die rund 100 Ausstellungsorte besuchten.
Juni:
Zu Beginn des Sommers stank es den Milchbauern endgültig: auch im Wendland beteiligten sich Dutzende Milchviehhalter am bundesweiten Streik. Wertvolle Biomilch lief in die Gülle oder wurde kurzerhand verschenkt. Erst nach einer Zusage von Verbänden und Discountern beendeten die Bauern ihren Lieferboykott.
Die Europameisterschaft trieb an vielen Orten die Fussballfans ins Freie. Nicht nur in Dannenberg wurde ausgiebig gefeiert.
Juli/August:
Über 60 Jahre hatte der Verein Bildungszentrum Jagdschloss Göhrde in dem ehemaligen Schloss Bildungsangebote organisiert und war Anlaufstelle für unzählige Interessenten gewerkschaftlich orientierter Erwachsenenbildung. Im August war damit Schluss: die neue Eigentümerin, eine Immobilien-GmbH aus Bremen, ließ den Verein durch den Gerichtsvollzieher aus dem Gebäudekomplex räumen. Ein lange währender Streit nahm damit sein Ende.
Am 8. Juni durfte die alte Hansestadt Salzwedel erstmalig den internationalen Hansetag ausrichten. An 26 Veranstaltungsorten konnte man sich über hanseatische Themen informieren oder Hanseaten aus 123 Städten und 17 Ländern treffen. Soger Bundespräsident Horst Köhler ließ es sich nicht nehmen, den Hansetag zu besuchen. Auch wir besuchten den Hansetag und fanden (unter anderem) den "Traditionsverein Erdgas".
Grosse Empörung löste unser Artikel über den Auftritt von Fady Maalouf in Lüchow aus. Am 11. Juli zeichnete der NDR eine seiner Sommersendungen auf dem Marktplatz in Lüchow - mit Fady Maalouf als Stargast. Tränen, Quieken, Umfallen ... Doch nein, wir wollen uns ja nicht schon wieder Ärger einfangen.
07. Juli: DAS Highlight für alle Fussballfans: der Bundesliga-Club FC St. Pauli reiste mit seinem kompletten Kader ins Lauftraining nach Lüchow. Keine Gnade gabs dann beim anschliessenden Freundschaftsspiel gegen eine Lüchower Auswahl: das Spiel endete 9 : 1.
Im August war es endlich soweit: Ulrich Schröder übernahm die Schlüssel eines ehemaligen Supermarktes in Lüchow, um dort sein lange geplantes Rolling Stones Museum einzurichten. Nicht alle finden seine Idee witzig, doch Ulli Schröder kämpfte hartnäckig für sein Projekt und konnte sich letztendlich auch die Unterstützung der Stadt sichern.
Ebenfalls im August erhielten die beiden Jäger, die im Dezember vergangenen Jahres einen Wolf in wendländischen Wäldern abgeschossen hatten, einen Strafbefehl zugestellt.
September:
Anna Schwarz aus Kröte reiste für ein Jahr ins afrikanische Togo ab. Und Marina Trunczik und Ralf Gabriel lösten ihren Hausstand auf und zogen nach Norwegen. Seitdem halten sie über Berichte Kontakt zu ihrer ehemaligen Heimat.
Oktober:
Zehn Tage lang übernahmen die Puppen das Kommando im Landkreis. Geschnitzte Holzmarionetten, Schattenfiguren oder fantasievolle Puppen aus allen erdenklichen Materialien eroberten die Spielplätze der Region - das taiwanesische Handpuppen,1. internationale Marionettenfestival fand im gesamten Landkreis statt.
Familie Bergmann aus Govelin erhielt den Landschaftschutzpreis für ihre aufwändigen Bemühungen um den Erhalt eines Feldes mit Feuerlilien auf ihrem Gelände. Doch erst im November sicherte das niedersächsische Umweltministerium dem engagierten Ehepaar eine ausreichende Förderung für ihre mühevolle Arbeit zu, so dass der Erhalt der Feuerlilien jetzt zunächst gesichert ist.
November:
Nach zwei Jahren Pause war der November wieder ganz geprägt von der "fünften Jahreszeit", dem Transport von Atommüll ins Zwischenlager Gorleben. Über 15 000 Menschen nahmen an der Auftakt-Kundgebung vor dem Zwischenlager teil - so viele wie schon Jahre nicht mehr. Eine 500-fach höhere Strahlenemission der neuen französischen H5-Behälter im Vergleich zu den alten Castorbehältern sorgte während und nach dem Transport auch für politische Aufregung. Und: Landwirte der "Bäuerlichen Notgemeinschaft" ketteten sich mitten im Kreuzungsbereich der zwei Transportstrecken so an zwei Betonpyramiden fest, dass die Polizei über elf Stunden brauchte, um sie zu befreien.
Dezember:
Der 15 Jahre dauernde Streit um den Bau einer Elbbrücke Neu Darchau nahm durch zustimmende Beschlüsse der Kreistage in Lüchow-Dannenberg und Lüneburg sein vorläufiges Ende. Die Planungen für die umstrittene Brücke können jetzt also weitergehen. Doch in Lüchow-Dannenberg sorgte die CDU-Fraktion für einen Eklat: noch vor der Haushaltsdebatte verliess sie (fast) geschlossen den Saal - um zum Essen zu gehen.