Thema: theater

Im Land der Spitzzahntrolle und Wanzenfalter

Mit dem neuen Weihnachtsstück "Frau Wolle und der Duft von Schokolade" hat sich die Freie Bühne Wendland mal wieder selbst übertroffen. Zu sehen ist die mitreißende Inszenierung einer fesselnden Geschichte mit zahlreichen phantasievollen Einfällen und hervorragenden Schauspielern. Am Samstag war in Platenlaase Premiere.

Merle und Moritz sehnen sich nach ihrem Vater. Er ist vor langer Zeit aus ihrem Leben verschwunden. Als die unheimliche Gesine Wolkenstein ihre Nachtbetreuerin wird, tut sich für die Beiden eine neue Welt auf: unter ihrem Bett entdecken sie den Eingang zur "Murkelei" von der schon ihr Vater erzählt hatte.

>In diesem magischen Land erleben Merle und Moritz zahlreiche, auch gefährliche, Abenteuer - mit Spitzzahntrollen, einer Wanzenfalterarmee, dem Waisenfuchs, dem gewaltigen Stomp und der geheimnisvollen Frau Wolle. Und welche Rolle spielt dabei die unheimliche Gesine Wolkenstein, die wunderbare Schokolade kocht, aber angeblich auch Kinder verschwinden lässt?

Die renommierte Kinder- und Jugendbuchautorin Jutta Richter ist die Autorin von "Frau Wolle und der Duft von Schokolade". Sie hat der Freien Bühne Wendland - als erstes Theater überhaupt - das Recht gegeben, den Stoff auf die Bühne zu bringen.

Das Ensemble hat aus dem Stoff ein faszinierendes Stück geschaffen. Ein echter Glücksgriff: die beiden jungen Schauspieler Sarah Zelt und Frerk Kappes. Sie spielen die beiden Hauptfiguren mit hohem schauspielerischem Können und stehen in ihrer Darstellungskraft nicht dem etablierten Ensemble der wendländischen Theatertruppe nach. Auch Kaya Titz, ebenfalls ein junges Talent, überzeugt ebenfalls in der Rolle des intriganten Nachbarkindes.

Carolin Serafin spielt die Rolle der Frau Wolkenstein so differenziert, dass kleine Gesten ausreichen, um die Ahnung zu wecken, dass hinter Gesine Wolkenstein mehr steckt als eine merkwürdig freundliche Betreuerin.

Die Rolle der Mutter und des „Waisenfuchses“ spielt Kerstin Wittstamm. Ihr gelingt es, sowohl die sanfte, beschützende Seite der Mutter als auch die Wachsamkeit des Waisenfuchses überzeugend darzustellen. Ihre Darstellung ist warmherzig und einfühlsam.

Ein Highlight der Aufführung sind die „Spitzzahntrolle“ – von Elke Kuhagen kongenial gestaltete hüfthohe Figuren mit großen Mündern, großen spitzen Zähnen und langen Bärten – süß und gruselig zugleich. Diese Puppen tragen maßgeblich zur Faszination des Stücks bei – nicht nur durch ihre Optik, sondern auch durch ihre quirligen Auftritte und frechen Reime.

Regisseur Gero Wachholz schuf eine mitreißende Inszenierung - mit witzigen Dialogen, fein gezeichneten Figuren, Schauspielkunst auf hohem Niveau und einer ausgewogenen Dynamik in der Dramaturgie. Das Publikum dankte es mit begeistertem Applaus.

Im Buch ist die "Murkelei" eine geheimnisvolle Gegend mit verwinkelten Gängen, bunten Wegen und und bevlkert von zahlreichen merkwürdigen Dingen wie goldenen Pfeilen oder schwarzen Monsterspinnen. Mit schmalem Budget – enormen persönlichen Einsatz und Einsatz des „wendländischen Netzwerks“ – schuf das Technikteam Lukas Spychay, Marten Stein und Dietrich Burmeister Großes: ein Bühnenbild, das mit wenigen Mitteln die Murkelei-Welt zum Leben erweckt. 

Video-Loops (kurze Videoclips, die in einer Endlosschleife abgespielt werden) schaffen die Illusion eines Tunnels, durch den die Kinder sich bewegen. Diese Projektionen sind mehr als ein Ersatz für aufwändig gestaltete und damit teure Bühnenbilder. Durch sie entsteht eine fast schon hypnotische Atmosphäre, in die auch die Zuschauer hineinsinken. Auch die Kombination von Kunstlicht und Schwarzlicht ist ein kreativer Coup: Im schwarzen Raum beginnen Dinge auf geheimnisvolle Art davonzuschweben und auch die Spitzzahntrolle scheinen zu fliegen. Insgesamt schafft die Inszenierung einen faszinierenden Erlebnisraum, der Groß und Klein in den Bann zieht.

Autorin Jutta Richter war bei der Premiere anwesend und war begeistert. „Das ist eine unheimlich geniale Umsetzung“, sagt sie. „Es war nicht eine Sekunde langweilig. Ich bin völlig in das Stück hineingesunken. Es ist schon sehr berührend, was Theater leisten kann“. Aufdringliche pädagogische Hinweise sind nicht die Sache der Autorin. Für Richter ist es „unheimlich wichtig“, dass Kinder aber auch Erwachsene in andere Welten gezogen werden, in denen sich ihre eigene Welt spiegelt.

Und das ist mit der Inszenierung der Freien Bühne Wendland mitreißend gut gelungen.

"Frau Wolle und der Duft von Schokolade" ist noch bis zum 15. Dezember jeweils Samstag und Sonntag im Kulturverein Platenlaase zu sehen. Samstags um 15 und 20 Uhr, Sonntags um 11 und 15 Uhr. Auf der Website der Freien Bühne gibt es weitere Informationen und die Möglichkeit zur Kartenvorbestellung.

Fotos | Kina Becker


 








Fotos

2024-12-06 ; von Angelika Blank (text),
in 29479 Jameln-Platenlaase, Deutschland

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