Das war 2014 (Oktober bis Dezember)

Das letzte Quartal des Jahres wurde mit der freudigen Botschaft eingeläutet, dass das Land dem Landkreis über 80 Millionen Kassenkredite abnehmen wird. Andere Aufregungen blieben dann doch eher lokal begrenzt - wie die verdrehten Zinnen auf dem Amtsturm in Lüchow.

Oktober. Der Erkundungsbetrieb im Bergwerk Gorleben wird zum 1. Oktober eingestellt, denn der bisherige Hauptbetriebsplan, die rechtliche Grundlage für die Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben, wurde ungültig. Ab sofort dürfen im Bergwerk nur noch Arbeiten durchgeführt werden, die der Offenhaltung dienen. Sämtliche Anlagen und Einrichtungen sollen während der nächsten zwei Jahre aus den Schächten entfernt werden.

Das Land gibt bekannt, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg entschuldet wird . Die Finanzpleite des Landkreises gilt damit als vorerst abgewendet - das Land übernimmt die Kassenschulden des Landkreises in Höhe von über 80 Millionen Euro.

November

Was sich im März nach dem Beschluss des Kreistages schon andeutete, wurde im November durch den strategischen Umweltbericht der Planungsgruppe Windkraft nicht nur bestätigt, sondern ins Negative übertroffen:  Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass die Windkraftanlagen in Lüchow-Dannenberg nach den vom Kreistag festgelegten neuen Kriterien sogar teilweise zurückgebaut werden müssten. Für neue Anlagen sahen die Gutachter lediglich an ein, zwei Orten Chancen.

Unklar bleibt bis heute, wie der Landkreis die Vorgaben des Windenergieerlasses des Landes umsetzen will, welcher eine "substantielle Erhöhung" der Vorrangflächen für Windkraftanlagen fordert - konkret sind gar über 1500 ha im Gespräch. Mit den im März festgelegten Kriterien bringt es der Landkreis gerade einmal auf rund 700 ha.

Das Land verkündet, dass es in Dannenberg so schnell keine Erstaufnahmeinrichtung für Flüchtlinge geben wird - der Aufwand, die Container für Alte, Kinder und Behinderte nutzbar zu machen,  war wohl im Ministerium unterschätzt worden.

Dezember

Nachdem in Westniedersachsen und in Mecklenburg-Vorpommern mit dem H5N8-Virus infizierte Enten und Puten gefunden wurden, müssen die Hühner längs der Elbe wieder in den Stall. Wie lange das sogenannte "Aufstallungsgebot" aufrechterhalten wird, ist noch unklar.

Mit der Einbeziehung des Bahnhofs Dannenberg in den Hamburger Verkehrsverbund begann für Bahnreisende eine neue Ära: sie können nun für 3,00 Euro mit dem Zug nach Lüneburg fahren - oder für 8,30 Euro nach Hamburg. Damit ist die Zugfahrt nach Hamburg billiger als eine Bustour von Vietze nach Lüchow. Gleichzeitig unternahm das Bahnunternehmen "erixx" den Bahnverkehr auf der Strecke Lüneburg - Dannenberg. 

Die Ergebnisse der Online-Breitband-Befragung lassen die Lüchow-Dannenberger hoffen, dass sie bald auch in den entfernteren ländlichen Bereichen schnelles Internet nutzen können: obwohl sich nur 4 % der Haushalte an der Befragung beteiligten, bestätigte sich, dass die Versorgung mit schnellem Internet in weiten Teilen des Landkreises im Vergleich zum restlichen Niedersachsen deutlich schlechter ausfällt. Bis zum Frühjahr sollen nun Konzepte entwickelt werden, wie die Versorgung flächendeckend verbessert werden kann.

Und diese Themen beschäftigten die Region das ganze Jahr hindurch:

Gorleben/Endlagerdebatte


Auch nach dem Inkrafttreten des Endlager-Suchgesetzes reißen die Diskussionen um Sinn und Unsinn des Gesetzes nicht ab. Umweltinitiativen verweigern ihre Mitarbeit in der Atommüll-Kommission, da sie sowohl mit der Kommissionsleiteung, mit der Besetzungsstruktur sowie den Aufgabenstellungen unzufrieden sind. Das niedersächsische Umweltministerium und lokale Initiativen begleiten die Arbeit der Kommission jedoch mit eigenen Informations-Veranstaltungen und Arbeitsgruppen.

Der Betrieb im Erkundungsbergwerk ist eingestellt. Die Gorlebengegner bleiben jedoch skeptisch, weil sie befürchten, dass Gorleben trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der Bundesregierung doch längst als Endlager für strahlenden Müll festgelegt ist.

Der Energiekonzern E.ON beteiligt sich nicht nur an einer Klage gegen die Kostenübernahme für die Kosten der erneuten Endlagersuche, im Dezember wird bekannt, dass E.ON seine Atomsparte in neue Firmen überführen will. Vorgeblich sieht der Energiekonzern keine Zukunft mehr in der Atomkraft. Man will sich auf erneuerbare Energien konzentrieren. Der Versuch, sich als "grünes Unternehmen" neu aufzustellen, schlägt jedoch fehl. Die allermeisten Medien sehen in der Auslagerung der Atomsparte in neue Firmen lediglich den Versuch, die Milliardenschweren Rückstellungen für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Kosten der Endlagerung in eine "Bad Bank" abzuschieben. Fragen der Risikohaftung bleiben ungeklärt. Die Politik fordert daraufhin deutlich die von Anti-Atom-Initiativen seit Jahren immer wieder geforderte Einrichtung eines öffentlichen Fonds zur Sicherstellung der Rücklagen. 

Rückkehr der Wölfe

Immer mehr Belege tauchen auf, dass sich die Anzahl der Wölfe in Lüchow-Dannenber (insbesondere im Gartower Forst) erhöht hat. Ängste vor Schafsrissen und Gefährdungen im Wald wachsen. Während der Verband der Schafhalter den Wolf am liebsten grundsätzlich wieder verbannen möchte, erlässt das Land die "Richtlinie Wolf", mit der sie von Wolfsrissen betroffenen Schäfern die Finanzierung von Vorbeugungsmaßnahmen finanziert. Wolfstage und -wanderungen sowie die Präsenz von mehreren Wolfsberatern sollen über die Lebensweise von Wölfen aufklären und so die Befürchtungen der Bevölkerung zerstreuen.

Unterdessen nehmen in den Wäldern Klein-Raubtiere wie Nerz (bzw. der Amerikanische Mink), Waschbär oder Nutria derart überhand, dass Naturbeobachtern die Artenvielfalt bedroht scheint. 

Willkommenskultur für Flüchtlinge

Nach den Statuten des Landes muss der Landkreis rund 200 Flüchtlinge aufnehmen. Über 100 Asylsuchende aus Syrien, Afghanistan, dem Benin oder Somalia sind 2014 bereits im Landkreis eingetroffen - und werden von verschiedenen Helfergruppen herzlich willkommen geheißen.

Unzählige Freiwillige in den verschiedenen Ortschaften kümmern sich um die alltäglichen Bedürfnisse, die Organisation von Fahrten, Sprachunterricht oder Begleitung bei Behördengängen.

Die "Willkommenskultur" im Landkreis wird allgemein gelobt. Die Ankündigung des Landes, in Dannenberg womöglich eine vierte Erstaufnahmeeinrichtung für rund 500 Asylsuchende einzurichten, sorgt allerdings auch bei Migrantenfreundlichen Lüchow-Dannenbergern für Diskussionen. Während die einen sogar die Parole "10 000 Flüchtlinge nach Lüchow-Dannenberg" ausrufen, warnen die anderen vor unabsehbaren Konflikten, die sich aus der - wenn auch nur zeitweisen -  Unterbringung von rund 500 Menschen anderer Kulturen in einer 8100-Einwohner-Stadt ergeben könnten.




2014-12-30 ; von Angelika Blank (autor),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

jahresrückblick  

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