Das letzte Quartal des Jahres wurde mit der freudigen Botschaft eingeläutet, dass das Land dem Landkreis über 80 Millionen Kassenkredite abnehmen wird. Andere Aufregungen blieben dann doch eher lokal begrenzt - wie die verdrehten Zinnen auf dem Amtsturm in Lüchow.
Oktober. Der Erkundungsbetrieb im Bergwerk Gorleben wird zum 1. Oktober eingestellt, denn der bisherige Hauptbetriebsplan, die rechtliche Grundlage für die
Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben, wurde ungültig.
Ab sofort dürfen im Bergwerk nur noch Arbeiten durchgeführt werden,
die der Offenhaltung dienen. Sämtliche Anlagen und Einrichtungen sollen
während der nächsten zwei Jahre aus den Schächten entfernt werden.
Das Land gibt bekannt, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg entschuldet wird
. Die Finanzpleite des Landkreises gilt damit als vorerst abgewendet -
das Land übernimmt die Kassenschulden des Landkreises in Höhe von über
80 Millionen Euro.
November
Was sich im März nach dem
Beschluss des Kreistages schon andeutete, wurde im November durch den
strategischen Umweltbericht der Planungsgruppe Windkraft nicht nur
bestätigt, sondern ins Negative übertroffen: Das Gutachten kam zu dem
Schluss, dass die Windkraftanlagen in Lüchow-Dannenberg
nach den vom Kreistag festgelegten neuen Kriterien sogar teilweise
zurückgebaut werden müssten. Für neue Anlagen sahen die Gutachter
lediglich an ein, zwei Orten Chancen.
Unklar bleibt bis heute,
wie der Landkreis die Vorgaben des Windenergieerlasses des Landes
umsetzen will, welcher eine "substantielle Erhöhung" der Vorrangflächen
für Windkraftanlagen fordert - konkret sind gar über 1500 ha im
Gespräch. Mit den im März festgelegten Kriterien bringt es der Landkreis
gerade einmal auf rund 700 ha.
Das Land verkündet, dass es in Dannenberg so schnell keine Erstaufnahmeinrichtung für Flüchtlinge
geben wird - der Aufwand, die Container für Alte, Kinder und
Behinderte nutzbar zu machen, war wohl im Ministerium unterschätzt
worden.
Dezember
Nachdem in Westniedersachsen und in
Mecklenburg-Vorpommern mit dem H5N8-Virus infizierte Enten und Puten
gefunden wurden, müssen die Hühner längs der Elbe wieder in den Stall.
Wie lange das sogenannte "Aufstallungsgebot" aufrechterhalten wird, ist
noch unklar.
Mit der Einbeziehung des Bahnhofs Dannenberg in den
Hamburger Verkehrsverbund begann für Bahnreisende eine neue Ära: sie
können nun für 3,00 Euro mit dem Zug nach Lüneburg fahren - oder für
8,30 Euro nach Hamburg. Damit ist die Zugfahrt nach Hamburg billiger als
eine Bustour von Vietze nach Lüchow. Gleichzeitig unternahm das
Bahnunternehmen "erixx" den Bahnverkehr auf der Strecke Lüneburg -
Dannenberg.
Die Ergebnisse der Online-Breitband-Befragung
lassen die Lüchow-Dannenberger hoffen, dass sie bald auch in den
entfernteren ländlichen Bereichen schnelles Internet nutzen können:
obwohl sich nur 4 % der Haushalte an der Befragung beteiligten,
bestätigte sich, dass die Versorgung mit schnellem Internet in weiten
Teilen des Landkreises im Vergleich zum restlichen Niedersachsen
deutlich schlechter ausfällt. Bis zum Frühjahr sollen nun Konzepte
entwickelt werden, wie die Versorgung flächendeckend verbessert werden
kann.
Und diese Themen beschäftigten die Region das ganze Jahr hindurch:
Gorleben/Endlagerdebatte
Auch
nach dem Inkrafttreten des Endlager-Suchgesetzes reißen die
Diskussionen um Sinn und Unsinn des Gesetzes nicht ab. Umweltinitiativen
verweigern ihre Mitarbeit in der Atommüll-Kommission, da sie sowohl mit
der Kommissionsleiteung, mit der Besetzungsstruktur sowie den
Aufgabenstellungen unzufrieden sind. Das niedersächsische Umweltministerium
und lokale Initiativen begleiten die Arbeit der Kommission jedoch mit
eigenen Informations-Veranstaltungen und Arbeitsgruppen.
Der
Betrieb im Erkundungsbergwerk ist eingestellt. Die Gorlebengegner
bleiben jedoch skeptisch, weil sie befürchten, dass Gorleben trotz aller
gegenteiligen Beteuerungen der Bundesregierung doch längst als Endlager
für strahlenden Müll festgelegt ist.
Der Energiekonzern E.ON
beteiligt sich nicht nur an einer Klage gegen die Kostenübernahme für
die Kosten der erneuten Endlagersuche, im Dezember wird bekannt, dass
E.ON seine Atomsparte in neue Firmen überführen will. Vorgeblich sieht
der Energiekonzern keine Zukunft mehr in der Atomkraft. Man will sich
auf erneuerbare Energien konzentrieren. Der Versuch, sich als "grünes
Unternehmen" neu aufzustellen, schlägt jedoch fehl. Die allermeisten
Medien sehen in der Auslagerung der Atomsparte in neue Firmen lediglich
den Versuch, die Milliardenschweren Rückstellungen für den Rückbau der
Atomkraftwerke und die Kosten der Endlagerung in eine "Bad Bank"
abzuschieben. Fragen der Risikohaftung bleiben ungeklärt. Die Politik
fordert daraufhin deutlich die von Anti-Atom-Initiativen seit Jahren
immer wieder geforderte Einrichtung eines öffentlichen Fonds zur
Sicherstellung der Rücklagen.
Rückkehr der Wölfe
Immer mehr Belege tauchen auf, dass sich die Anzahl der Wölfe in Lüchow-Dannenber (insbesondere im Gartower Forst) erhöht hat. Ängste vor Schafsrissen und Gefährdungen im Wald wachsen. Während der Verband der Schafhalter den Wolf am liebsten grundsätzlich wieder verbannen möchte, erlässt das Land die "Richtlinie Wolf", mit der sie von Wolfsrissen betroffenen Schäfern die Finanzierung von Vorbeugungsmaßnahmen finanziert. Wolfstage und -wanderungen sowie die Präsenz von mehreren Wolfsberatern sollen über die Lebensweise von Wölfen aufklären und so die Befürchtungen der Bevölkerung zerstreuen.
Unterdessen nehmen in den Wäldern Klein-Raubtiere wie Nerz (bzw. der Amerikanische Mink), Waschbär oder Nutria derart überhand, dass Naturbeobachtern die Artenvielfalt bedroht scheint.
Willkommenskultur für Flüchtlinge
Nach den Statuten des Landes muss der Landkreis rund 200 Flüchtlinge aufnehmen. Über 100 Asylsuchende aus Syrien, Afghanistan, dem Benin oder Somalia sind 2014 bereits im Landkreis eingetroffen - und werden von verschiedenen Helfergruppen herzlich willkommen geheißen.
Unzählige Freiwillige in den verschiedenen Ortschaften kümmern sich um die alltäglichen Bedürfnisse, die Organisation von Fahrten, Sprachunterricht oder Begleitung bei Behördengängen.
Die "Willkommenskultur" im Landkreis wird allgemein gelobt. Die Ankündigung des Landes, in Dannenberg womöglich eine vierte Erstaufnahmeeinrichtung für rund 500 Asylsuchende einzurichten, sorgt allerdings auch bei Migrantenfreundlichen Lüchow-Dannenbergern für Diskussionen. Während die einen sogar die Parole "10 000 Flüchtlinge nach Lüchow-Dannenberg" ausrufen, warnen die anderen vor unabsehbaren Konflikten, die sich aus der - wenn auch nur zeitweisen - Unterbringung von rund 500 Menschen anderer Kulturen in einer 8100-Einwohner-Stadt ergeben könnten.