Ob das Jahr 2014 mit der Überschrift "Stabilisierung" versehen werden kann, wird erst die Zukunft zeigen. Die Chancen stehen jedoch gut: die Konjunktur wächst und das Land hat dem Landkreis Millionenschwere Kassenkredite abgenommen. Und über einhundert Flüchtlinge fanden ein Zuflucht im Wendland.
Januar: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace reicht Klage gegen den Rahmenbetriebsplan für das Erkundungsbergwerk in Gorleben ein. Greenpeace und Graf von Bernstorff fordern das Gericht auf, festzustellen, dass der aus dem Jahr 1983 stammende Rahmenbetriebsplan heute und in Zukunft nicht mehr als Rechtsgrundlage für eine weitere Erkundung in Gorleben dienen kann. Eine Woche später reichten die gleichen Kläger Klage gegen die noch vorhandene Veränderungssperre für den Bereich über und um das Erkundungsbergwerk ein.
Nach kaum einem Jahr hatte „Austausch-Treff“ in Gartow soviel Erfolg, dass er in größere Räumlichkeiten umziehen musste. Von den Ratsmitgliedern
zunächst als Sozialinitiative milde belächelt, hatte sich die
Bürger-Initiative zu einem echten Erfolgsprojekt gemausert.
Die ersten Flüchtlinge u.a. aus Syrien waren schon vor Weihnachten in Lüchow-Dannenberg eingetroffen. Sie berichten von dramatischen Fluchten und unerträglichen Zuständen in ihren Heimatländern. Es finden sich in den meisten Gemeinden schnell viele Helfer, die den teilweise stark traumatisierten Exilanten mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Über
ein Jahr mussten sich die rund 3000 Menschen zwischen Trebeler Wald,
Höhbeck und Elbe mit einem schmalen Angebot zufrieden geben – Anfang Februar konnten sie wieder aus einem üppigen Sortiment auswählen: nach einem Großbrand im August 2012 öffnete der EDEKA-Markt "Hildebrandt" wieder seine Türen.
März:
Eine folgenschwere Entscheidung traf der Kreistag Anfang März: die Abstände von Windkraftanlaen zu bewohnten Gebieten bzw. Einzelhäusern sollen derart vergrößert werden, dass nach Ansicht der Verwaltung kaum bis keine neuen Windkraftanlagen gebaut werden können. Noch im April 2011 hatte es ein Freudenfest gegeben, als bekannt wurde, dass der Landkreis seinen Strombedarf zu über 100 % aus eigenen, regenerativen Energien deckt - damals unter Teilnahme der teilweise gleichen Abgeordneten, die sich jetzt massiv gegen den weiteren Ausbau der Windkraft aussprachen.
Eine Fernsehsendung des ZDF im Januar löste massenhaften Protest von Jägern aus. Sie fühlten sich durch die Behauptung verunglimpft, dass sie durch Anfütterung Wild geradezu "heranziehen" würden.
Mit der Eröffnung des Projektbüros in der ehemaligen Post in Lüchow begann am Mittwoch eine neue Phase der "Grünen Werkstatt Wendland". Anlässlich der Einweihung erhielt die Kreativ-Initiative ganz offiziell die Förderurkunde des Deutschen Stifterverbandes über 250 000 Euro. Die" Kreativeinheit" kann deshalb die Verbindung von Design, Studenten und einheimischen Unternehmen noch intensiver vorantreiben.
Nach 20 Jahren war Schluß: Moderator und Entertainer Willem Wittstamm verkündete, dass die 20. Kulturelle Lachparade auch gleichzeitig die definitiv letzte sein werde.
Nach langem Hin und Her zieht Bundes-Umweltministerin Barbara Hendricks die Klage gegen die vom Land Niedersachsen beschlossene Aufhebung des Rahmenbetriebsplans für das Erkundungsbergwerk in Gorleben zurück .
April:
Es wird bekannt, dass ein aus dem Wendland stammender ehemaliger Richter als Mitarbeiter des Justiz-Prüfungsamtes massenhaft Prüfungsfragen an Studenten weitergegeben haben soll - 2000 Staatsexamen werden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens überprüft. Im Dezember 2014 begann dann vor dem Landgericht Lüneburg der Prozess gegen Jörg L., um gleich am ersten Tag wegen eines Befangenheitsantrages der Verteidigung wieder unterbrochen zu werden.
Für 46 000 Euro wird der Bahnhof Hitzacker an den Bürgerverein KUBA e.V . (Kulturbahnhof e.V.) versteigert. Der Verein will in dem Gebäude ein Kultur- und Begegnungszentrum etablieren. Möglich wurde der Kauf durch viele Spenden und Sponsoringbeiträge von Privatleuten.
Anfang des Monats feierte Marianne Fritzen ihren 90. Geburtstag. Mehr als ein Drittel ihres Lebens widmete sie dem Kampf gegen die Atomanlagen in Gorleben - und wurde dabei zu einer der Gallionsfiguren des wendländischen Widerstands.
Mai:
25. Mai - Kommunalwahlen und Europawahl.
Die Kommunalwahlen am 25. Mai ergab keine großen Überraschungen: Landrat Jürgen Schulz gewann mit deutlichem Abstand gegen seinen CDU-Herausforderer Udo Maury und bleibt nun weitere acht Jahre verantwortlich für die Steuerung des Landkreises. Bei den Samtgemeinde-Bürgermeistern gab es lediglich in Gartow eine Änderung: der noch nicht einmal 40-jährige Christian Järnecke wird neuer Samtgemeinde-Bürgermeister, nachdem sein Vorgänger Friedrich-Wilhelm Schröder sich nicht mehr aufstellen ließ. 13 Jahre hatte Schröder als CDU-Mann der Verwaltung in Gartow vorgestanden.
Bei der Europawahl erlangten die Grünen überragende 25,6 % (zum Vergleich: auf Bundesebene erreichten die Grünen lediglich 10,7 %) und überrundete damit die SPD (23,48 %). Die FDP allerdings musste den jämmerlichen Stimmanteil von 1,85 % hinnehmen. Die CDU bleibt bei der EU-Wahl mit 33,53 % stärkste Partei. Die LINKE hielt sich stabil bei 5,44 % der Stimmen.
Ende des Monats startete die 25. "Kulturelle Landpartie". Bunt wie immer zog die Großveranstaltung erneut X-tausende BesucherInnen an. Aus dem kreativen Kleinod ist längst ein - meistens erfolgreicher - großer, bunter Spaß für Groß und Klein geworden.
Juni:
Seltsame Folgen hatte ein Großbrand in der Uelzener Zuckerfabrik: Noch in fünf Kilometer Entfernung hatten Imker noch Wochen nach dem Brand schwarzen Honig in den Waben. Wie sich herausstellte, war dieser mit dem krebserregenden Aldehyd Hydroxymethylfurfural belastet. Das Geheimnis: Bei den Bienenvölkern aus nah und fern hatte sich herumgesprochen, dass in dem ausgebrannten Silo lecker Zuckersirup zu holen war. So machten sie sich massenhaft aus Kilometern Entfernung auf den Weg nach Uelzen, saugten begierig den von verkohlten und von Löschwasser verunreinigten Zuckersirup auf - und vergifteten so nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Honig. Es gab keine andere Lösung: alle Bienenvölker im Umkreis von zehn Kilometern wurden aus der "Zone" gebracht, bis der ausgebrannte Silo abgedeckt bzw. geräumt war.
Juli:
Der Erfolgskurs der Grüne Werkstatt geht weiter: die Design-Initiative wird als eines von 100 Projekten von der Bertelsmann-Stiftung zum "Ort der ausgezeichneten Ideen" gekürt. später im Jahr schafft es die GWW gar unter die ersten zehn Lieblingsprojekte. Den Sprung zum Publikumssieger schafft die kreative Initiative jedoch nciht mehr.
Das Land Niedersachsen kündigt erstmals an, eine weitere zentrale Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge einrichten zu wollen. Das sogenannte "Containerdorf" in Dannenberg kommt dafür ins Gespräch.
Ende des Monats tappen bei Gartow sieben Wolfswelpen in eine Fotofalle - ein letzter Beleg für die Existenz eines stabil im Gartower Forst lebenden Wolfsrudels.
August:
Eine Absurdität im Umgang mit Tierseuchen stellte sich beim Umgang mit der Impfung von Geflügel gegen die Krankheit Newcastle Disease heraus: da der Impfstoff nur in Einheiten für 1000 Hühner angeboten wird, taten sich Hühnerhalter zusammen und wollten die Impfung mit Unterstützung einer Tierärztin organisieren. Dies wurde dann vom Veterinäramt verboten, da lt. Gesetz nur der Tierarzt die Impfung vornehmen darf.
Eine Anfrage beim zuständigen Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährungssicherheit (LAVES) ergab bis heute keine Klärung - das Landesamt meldete sich schlichtweg bis heute nicht zurück.
Hohen Besuch bekam Hitzacker Mitte August: Beatrix, die kurz zuvor zurückgetretene Königin der Niederlande stattete dem Elbestädtchen einen Besuch ab und weihte die "Prinz-Claus-Promenade" ein.
September
Mit ihren Äußerungen zum rotgrünen Vorstoß, in den Schulen das Thema sexuelle Vielfalt stärker zu berücksichtigen, schaffte es die CDU-Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock bis in das Nachrichtenmagazin SPIEGEL. Das Schwulen- und Lesbenmagazin queer.de kritisierte die Landtagsabgeordnete als "homophob". Inzwischen ist der umstrittene Erlass längst verabschiedet - gegen die Stimmen der CDU.
Kiefernspinner und Borkenkäfer hatten tausenden Kiefern im Gartower Forst bei Prezelle derartig den Garaus gemacht, dass sie abgeholzt wurden. Das Positive daran: statt dem bisherigen Monokultur-Kiefernwald wird dort jetzt ein Laub-Mischwald angelegt.
Zum letzten Mal fährt eine Besuchergruppe in die Schachtanlage des Erkundungsbergwerks in Gorleben ein.
Foto / Angelika Blank: Nicht nur in Vietze, wo dieses Foto entstand, wurden die Flüchtlinge herzlich willkommen geheißen. Bis zum Ende des Jahres waren es über einhundert Menschen, die im Landkreis Zuflucht fanden.