Trotz aller Schwierigkeiten könnte das Jahr 2022 für den Landkreis durchaus positive Auswirkungen haben: Millionschwere Förderungen sollen die Zukunftsentwicklung beflügeln und die hohe Geflüchtetenzahl bringt die Wohnungsbaudiskussion in Schwung. Ein subjektiver Jahresrückblick.
Wer in 10 Jahren gefragt wird, was im Jahr 2022 in Landkreis Lüchow-Dannenberg los war, wird wohl den Krieg in der Ukraine und die daraus folgenden Probleme nennen. Und sich womöglich an die ersten "freien" Veranstaltungen nach der Corona-Pandemie erinnern.
Es wird auch die Erinnerung daran sein, dass die Folgen des Krieges im Landkreis ganz konkret zu spüren sind: hunderte Geflüchtete stranden hierzulande. Wohl das größte Thema in diesem Jahr: Wie die hunderte Geflüchteten unterbringen, die dem Landkreis zugewiesen werden? Das Land überlässt das Problem den Kommunen - die schon bald keine Möglichkeiten sehen, allen Geflüchteten Wohnungen zu vermitteln. Es bleiben nur Notunterkünfte: eine Turnhalle in Lüchow und ein ehemaliges Betriebsgebäude in Steine .
Im November erklärt Landrätin Schulz die Geflüchtetenunterbringung zu einer "immensen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.“ Deshalb sollen "alle Liegenschaften des Kreises und der Samtgemeinden, auch die
Sporthallen einer eingehenden Prüfung unterzogen werden". Kurz zuvor hatte sie die Samtgemeinden noch scharf kritisiert, dass sie die Turnhalle in Lüchow nicht von Geflüchteten räumen wollten.
Das ehemalige Kasernengelände in Neu Tramm soll Entspannung in der Unterbringungsnot bringen. Fast das ganze Jahr über wird in den politischen Gremien darüber diskutiert, ob der Landkreis das weitläufige Gelände kaufen soll. Über 1000 Geflüchtete könnten dort untergebracht werden. Doch die Kreistagsabgeordneten haben Zweifel: es soll keine zentrale Unterbringung geben, die Finanzierung ist ungeklärt und ein konkretes Nachnutzungskonzept nicht vorhanden. Im Dezember beschloss der Kreistag dann dennoch, dass der Landkreis das Gelände kaufen soll - allerdings mit so hohen Auflagen, dass ein schneller Ankauf unwahrscheinlich erscheint.
Gleichzeitig haben Privatinvestoren das Gelände der ehemaligen Übersee- Funkempfangsstelle (ÜFest) in Woltersdorf gekauft. Auch dort könnten mehrere Hundert Geflüchtete untergebracht werden. Anders als bei Neu Tramm haben die Investoren hier ein klares Konzept für die langfristige Nutzung: dort sollen 46 Wohnungen entstehen - nach sozialen und ökologischen Kriterien errichtet.
Ein wichtiges Projekt in einer Zeit, in denen insgesamt zu wenig bezahlbare Mietwohnungen zur Verfügung stehen. "Wohnraumkonzepte entwickeln" ist das Thema des Jahres. Die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft wird diskutiert. Vorerst bleibt es allerdings bei Diskussionen und Absichtsbekundungen.
Trockene Äcker und magere Maisernte
Erneut ist der Sommer sehr trocken. Monatelang fällt kaum Regen. Den Landwirten steht so wenig Wasser zur Verfügung, dass viele die Beregnung auf bestimmte Sorten konzentrieren, die noch Chancen haben wie z. B. Kartoffeln oder Weizen - oder die wichtig für das Winterfutter sind wie z.B. Mais.
Die Diskussion über flexiblere Beregnungsvorschriften brandet wieder auf. Die Landwirte fordern schon seit Jahren, dass der mehrjährige Wasserentnahmeplan flexibler ausgestaltet wird. Nach mehreren Trockenheitsjahren hintereinander reicht die zugelassene Wasserentnahmemenge nicht mehr aus. Die Landwirte wollen Ausnahmeregeln, nach denen sie in Trockenheiten mehr Wasser entnehmen dürfen.
Doch im September legt die Kreisverwaltung eine Stellungnahme vor, nach der vielerorts die Wasserentnahme höher ist als die Grundwasserneubildung. Das Land kündigt an, Anfang 2023 einen neuen Erlass zur mengenmäßigen Bewirtschaftung des Grundwassers zu veröffentlichen. Unterdessen setzt die Kreisverwaltung auf Rückhaltemaßnahmen auf den Äckern.
Eine Ministerin aus dem Wendland
Für die meisten wohl überraschend, wurde die Grüne Landtagsabgeordnete Miriam Staudte aus Kröte als erste Ministerin aus dem Landkreis zur Landwirtschaftsministerin ernannt. Sie will nichts weniger als die Transformation der Landwirtschaft erreichen - zum Beispiel mehr ökologische Betriebe, sparsamere
Beregnungsmethoden oder artgerechte Tierhaltung. Die Reaktion des Landvolks Niedersachsen ist gemischt - "es gebe viel Gutes aber auch Tücken", zitiert agrarheute
Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies.
Das Krankenhaus bleibt im Plan
Beruhigende Worte sprach im November der Geschäftsführer der Capio Elbe Jeetzel Klinik André Eydt vor dem Ausschuss für des Landkreises. Die finanzielle Situation der Klinik sei zwar schwierig, Personal schwer zu bekommen - er sehe aber nicht die akute Gefahr einer Insolvenz.
Eydt schätzt ein, dass das Dannenberger Krankenhaus aufgrund seiner Abgelegenheit von anderen Kliniken auch nach den neuen Landesregeln im Krankenhausbedarfsplan des Landes bleiben wird.
Führt eine Stromtrasse durchs Wendland?
Die Vorbereitungen für eine Stromtrasse von Schwerin bis in die Börde - die sogenannte Suedostlink+ - laufen. Ende Dezember teilt die Betreiberfirma 50hertz mit, dass das Genehmigungsverfahren gestartet wurde. Nach den vorliegenden Karten liegt Lüchow-Dannenberg vollständig im Suchraum. Wo die Trasse genau verlaufen wird, wird im Planungsverfahren ermittelt und festgelegt.
Millionen für die Zukunftsentwicklung
Rund 15 Millionen Euro Fördergelder erhält der Landkreis Lüchow-Dannenberg sowie die Städte Lüchow und Dannenberg für Entwicklungsprojekte.
Kurz vor der Landtagswahl schüttet die Landesregierung noch ein Füllhorn mit mehreren Millionen Fördergeldern aus. So kann zum Beispiel die Stadt Lüchow mit 3,95 Millionen Euro ihre Innenstadt "resilient" machen.
Die Zukunftsregion „Elbtalaue-Heide-Wendland“ erhält 6 Millionen Euro. Nach Landrätin Dagmar Schulz soll ein Kompetenzzentrum für eine klimaresiliente
Kulturlandschaft und Biodiversität augefbaut und ein Coaching für
Nachhaltigkeit etabliert werden. Für das Projekt kooperiert der Landkreis mit dem Landkreis Lüneburg und der Biosphärenreservatsverwaltung Niedersächsische Elbtalaue.
Die Stadt Dannenberg erhält gut 4,5 Millionen Euro aus Städtebauförderungsmitteln des Bundes und des Landest für die Entwicklung der Innenstadt zum "lebenswerten Zentrum". Radwegebau, Herstellung von Barrierefreiheit oder die Schaffung von Wohnraum ist hier unter anderem geplant.
Auch auf Landkreisebene wird Zukunft geplant: ein "externer Dienstleister" hat den Auftrag erhalten, ein Zukunftsentwicklungskonzept für den Landkreis zu schreiben.
Was sonst noch war
Die Mobilitätsagentur soll nichts weniger erreichen als die "Stadt-/Umlandmobilität im öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern. " Das 365-Tage-Ticket ist dabei ein erstes konkretes Projekt. Darüber hinaus arbeitet die Agentur an einer Umstrukturierung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs.
Juni: Im Juni beschloss die Gesellschafterversammlung der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), dass
das Erkundungsbergwerk sowohl überirdisch als auch unterirdisch
zurückgebaut wird und die Schächte verfüllt werden. Mit diesem formellen Beschluss können nun die Rückbauarbeiten gestartet werden.
August: Das seit Jahrzehnten brachliegende Gelände des Gaswerks in Gistenbeck soll zu einer "Forschungs-,
Lehr- und Ausbildungseinrichtung mit praktischer Einbindung
in Produktionsprozesse" - einem "Campus Wendland" - umgestaltet werden.
Abschiede
Am 15. Januar starb Jochen Stay, langjähriger Anti-Atom-Aktivist, Initiator von X-tausendmalquer und Sprecher von .ausgestrahlt.
Am 2. Oktober starb Margarete Gävert. Sie gehörte zum Dannenberger Wochenmarkt wie Kohlrabi und Kartoffeln. Seit der Wiedereröffnung des Wochenmarkts in Dannenberg nach dem zweiten Weltkrieg stand sie dort und verkaufte allwöchentlich Blumen und Gemüse.
Am 17. Dezember starb Marie-Luise Scherer, vielfach ausgezeichnete Journalistin und Schriftstellerin
Zeichnung | Kinderzeichnung